Was für ein Start für meinen offiziellen Beginn als Familiengruppen-Leiterin beim Alpenverein (DAV) …!
Nachdem munter Hütten gebucht, Wanderkarten gewälzt und Stoffe für Elfengewänder geshoppt wurden, haben wir nach der Himmelfahrts-Tour (Lockdown) auch die Herbstfahrt nach Jonsdorf im Zittauer Gebirge (steigende Infektionszahlen) schweren Herzens abgesagt. Zwar wären wir dort im Wald wirklich abgeschottet und das Hygiene-Konzept für die verkleinerte Gruppe stand auch, doch die Bedenken überwogen.
Trotzdem wollten wir die kletter- und wanderlustigen Familien nicht hängen lassen und so musste rasch ein Alternativ-Programm her. Jeden zweiten Tag boten wir Tagesausflüge ins Berliner Umland – ost-west-süd-nord an. Natürlich mit vorher abgestimmten Regeln zur Ansteckungvermeidung.
Märchenhafte Wanderung um den Rapunzel-Turm
Unser erstes Ziel war der Askanierturm am Werbellinsee, wo 2009 tatsächlich „Rapunzel“ neu verfilmt wurde.
Dank eines vorher organisierten Schlüssels konnten wir sogar die Stufen erklimmen und mussten uns nicht an einem Haarzopf hinaufhangeln. In luftiger Höhe und mit wunderbarem Blick genossen wir unser erstes Picknick und eine der Örtlichkeit angemessene Diskussion: "Gab es damals keine sauren Gurken - oder warum hatte Rapunzels Mutter so eine Gier auf Salat?" "Was um alles in der Welt wollen die Hexen und Rumpelstilze immer mit den Kindern?"
Aber nicht jede Kletterei wurde einfach durch einen Schlüssel umgangen. Am Seeufer entdeckten wir einen wunderbar knubbeligen Baum, darüber hinaus verführten zahlreiche umgestürzte Bäume zum Balancieren.
Bei der Schatzsuche nach Geo-Caches tat sich Meisterfinder Matti besonders hervor, der auch die „hölzerne Familie“ enttarnte: Zwei ältere Bäume, an die sich eng Jungbäume schmiegten.
Das zweite Picknick gab es dann auf dem Spielplatz. Während die Kleinen und nicht so Kleinen kletterten, schaukelten und rutschten, ließen sich die Großen ihren Krafttrunk aus der Thermoskanne schmecken.
Weiter durch den Wald ging's mit Märchenrätseln: "Was ist Rapunzels bevorzugte Waffe?" "Woher bekommt Aschenputtel ihre hübschen Kleider?" Und "welche Gegenstände lässt sich Schneewittchen nacheinander andrehen?"
Während es bei Rapunzel nur eine gültige Antwort (Bratpfanne!) gab, wurden bei den anderen Fragen unterschiedliche Lösungen akzeptiert.
Als die Kinder müde wurden, half nur noch eins: Wir verließen die begangenen Pfade und abenteuerten querwaldein. Vorbei ging es an giftigen Teufelskrallen, schlafenden Drachen und durch sumpfige Tümpel. Da wurden die Kids wieder munter und als dann auch noch ein Vulkan ausbrach, flohen sie mit neuer Kraft – bis hin zur rettenden Eisdiele.
Himmlische Genüsse am Teufelsberg
Eine weitere moderne Schatzsuche, sprich Geocaching, verlockte auch an diesem Tag die kleinen Sucherinnen und Sucher. Ausgestattet mit Funkgeräten, konnten sie uns den Weg weisen –oder auch in die Irre locken. Und schnell hatten die digital natives natürlich auch herausbekommen, wie sie die Kanäle wechseln können.
Die Komplexität des Multi-Caches überforderte dann doch etwas, aber wir fanden bei der Jagd nach Hinweisen einladende Zweighütten, wo die Wichtel sich gleich verbargen. "Hier können wir uns vor den fiesen Riesen verstecken!"
Wir stießen sogar auf die Überreste eines Ski-Liftes. Der Teufelsberg war tatsächlich mal als Skipiste geplant. Heute nutzten nur noch rasende downhill-Biker den wirklich steilen Abhang. Den wir hinauf keuchten… Zur Belohnung gab es auf dem Gipfel Engels- und Teufelskuchen – mjam! Auch für das geistige Wohl wurde gesorgt, als uns ein Forstbeamter über den historischen Werdegang des Geländes auf dem Teufelsberg aufklärte.
Frisch gestärkt machten wir uns auf zum Teufelsturm. Dort hingen die Kinder bald in den Felskaminen und spielten Verstecken in den "Minen von Moria".
Der Rückweg bergab ging dann um vieles schneller als der Aufstieg ;)
Zwischen Riesenrutsche und Kletterwand: Volkspark Potsdam
Nicht die freie Natur, sondern ein Park war heute unser Ziel. Der Volkspark Potsdam ist aber auch wirklich ein abwechslungsreiches und riesiges Gelände! Erwartungsgemäß als sehr passend zu unserer gemischten Gruppe stellte sich die Kombination von Kletter-, Bouldermöglichkeiten und Spielspaß heraus. Bei unserer ersten Station konnte direkt nebeneinander an der Wand geklettert – für einige Teilnehmer*innen groß und klein die Premiere am Seil – oder durch Röhrenrutschen gesaust werden.
Auf den Trampolins besiegte das Feenvolk die Schwerkraft, bevor es weiterging zur Boulderwand. Auch hier schloss sich direkt ein Spielfeld für diejenigen an, die nicht (mehr) klettern mochten. Und dort gab es auch ein gemeinsames 2-Felder-Ballspiel.
Wir hatten für diesen Ausflug den wärmsten Tag der Woche gewählt und da das Wetter uns an diesem Herbsttag hold war, konnten wir zum Abschluss noch den Wasserspielplatz genießen. Planschen durfte das kleine Volk zwar nicht, aber auf einem Floss schippern und mit riesigen Blechfischen spritzen. So gab es dann bald einige Matsch-Monster...
Zum Abschluss stärkten wir uns noch einmal mit einem (nicht nur) für Familiengruppen essentiellen üppigen zweiten Picknick. Erschöpft und gesättigt beendeten wir den abwechslungsreichen Tag.
Herbstfarben in der Märkischen Schweiz
Unser Ausflug in die Märkische Schweiz war eine Reise ins Gelborange: Die Bäume leuchteten über Nacht nicht nur in Herbstfarben, sondern das Laub rieselte auch verzaubert auf uns herab und bedeckte den Boden mit einer magischen Schicht. Wir folgten dem gelben Weg – nicht durch Oz – aber doch durch Orte mit geheimnisvollen Namen wie "Echostein" und "Silberberg".
Vorbei an sumpfigen Seen ging es und nur um Haaresbreite landete niemand darin. Geschmückt mit buntem Laub kletterten wir über sturmgefällte Bäume, wobei sich auch der Große nicht zu cool dafür war. Laut heulend ging es weiter durch die Wolfsschlucht, wobei wir einige nichts ahnende Wandersleute erschreckten.
Endlich erklommen wir den Teufelsstein. Mit atemberaubendem Blick über die Wipfel gab es das erste Picknick, das zweite folgte an einem Gipfelkreuz.
Nach einer Gratwanderung gab es noch ein gemeinsames Versteckspielen im Schloßpark.
Ein strahlender Abschluss unserer Herbstausflüge ins Berliner Umland!
Fazit
Wir haben das Beste draus gemacht, die Kinder von 4 - 11 Jahren und auch die Eltern und ein Hund hatten gemeinsam Spaß an Wald und Wasser und Fels. Durch die gut gewählten Orte gab es die Option für die Kletterfreudigen an der Wand zu hängen, während die anderen nahebei rutschen und toben konnten. Auch das Fahrrad der jüngsten Teilnehmerin machte als ‚shared bike‘ zeitgemäß furore. Es war schön, nahe Urlaubsziele gemeinsam zu erkunden.
Trotzdem sind für nächstes Jahr wieder mindestens zwei Familienfahrten geplant: Himmelfahrt in Ostrov und Herbstfahrt nach Jonsdorf.
Zusätzlich wird es weitere Aktionen um und in Berlin geben.
Bis dahin habe ich neben anderem eine Seite zur Fuchssprache erstellt. Wenn Ihr die Sprache der Füchse verstehen wollt, seht gerne vorbei. Immerhin begegnen wir Füchsen nicht nur auf unseren Wanderungen, sondern immer häufiger auch in der Stadt.
Weitere Infos: https://breidenstein.info oder hier: https://familiengruppe.alpinclub-berlin.de
(Artikel erschien leicht verändert in Berlin Alpin 01/2021)